Quelle: aerztezeitung.de – Die Telemedizin erlebt in Corona-Zeiten einen rasanten Aufschwung. Was aber bleibt und was fehlt? Darüber spricht Professor Jörg Debatin, Leiter des health innovation hub, im Interview.
Ärzte Zeitung: Herr Professor Debatin, es scheint, als hätte die Corona-Pandemie die „Medizin der Zukunft“ stellenweise schnell zur Gegenwart werden lassen?
Jörg Debatin: Was digitale Anwendungen in der Medizin angeht, haben wir wirklich in sehr kurzer Zeit sehr viel an Erfahrung sammeln können. Die Menschen erleben gerade die Vorteile digitaler Unterstützungs-Tools. Ich denke, viel davon wird bleiben, insbesondere die Videosprechstunden als Möglichkeit mit dem Arzt zu interagieren, ohne dorthin fahren zu müssen.
An der Videosprechstunde ist zuletzt auch viel Kritik geübt worden. Die Freie Ärzteschaft kritisiert etwa, man könne bei Telemedizin nicht von Behandlung sprechen, sondern nur noch von Beratung.
Debatin: Wenn wir uns die Zahlen anschauen, muss man feststellen, dass vor drei Monaten etwa 1500 Ärzte auf Portalen an die Videosprechstunden angeschlossen waren und diese Dienstleistung ihren Patienten angeboten haben. Heute sind es weit über 100.000 niedergelassene Ärzte, die Videosprechstunden anbieten. Ganz wichtig bei allem, was wir in Sachen Digitalisierung und Medizin besprechen und umsetzen ist, dass es keine Lösung für alle Probleme und alle Patienten gibt. Es gibt medizinische Indikationen, bei denen der Arzt direkt mit dem Patienten interagieren muss.
Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Interaktionen, die man durch Videosprechstunde gut ersetzen kann. Ich denke dabei unter anderem an Routineuntersuchungen bei Chronikern, Rezeptverlängerungen oder viele andere Dinge, bei denen es darum geht, ein Kontinuum aufrechtzuerhalten. Natürlich hat das Arztgespräch viel mit Beratung zu tun. Gerade sie kann man mit der Telemedizin gut abfedern. Niemand fordert die Streichung des Arztbesuches.
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