Quelle: aerztezeitung.de – Die optimierte Akutversorgung geriatrischer Patienten durch ein intersektorales telemedizinisches Netzwerk – das ist das Ziel des Innovationsfondsprojekts Optimal@NRW. Im Interview erläutert Projektkoordinator Dr. Jörg Christian Brokmann wie die Verzahnung funktioniert.

Ärzte Zeitung: Herr Dr. Brokmann, es gibt immer mehr Pflegeheime, die mit den umliegenden Ärzten Kooperationsverträge haben. Das ist gesetzlich so gewollt und wird durch den EBM gefördert. Wozu braucht es dann noch ein innovationsfonds-gefördertes Projekt, um die Versorgung zu verbessern?
Das ist einfach zu beantworten. Wenn es eine mögliche Versorgung gibt, heißt es nicht, dass es immer die Beste ist. Und es heißt auch nicht, dass es immer die am besten umgesetzte ist. Es ist sicherlich so, dass es engagierte niedergelassene Kollegen gibt, die eine Pflegeheimversorgung gut durchführen. Aber wir hören auch von Pflegeheimen, die Sorgen und Nöte mit der Versorgung der Patienten haben. Und daraus ist Optimal@NRW entstanden, um die medizinische Akutversorgung dann zu sichern.
Bei der abgestuften Entscheidung, ob ein älterer Patient in die Klinik muss, hält bei Optimal@NRW die Klinik die Fäden in der Hand. Wie genau soll das funktionieren? Und was hat die Klinik davon, wenn am Ende Patienten nicht mehr kommen?
Dass die Klinik die Fäden in der Hand hat, würde ich gar nicht mal so bestätigen wollen. Ich möchte weg von dem tradierten Denken, dass die Versorgung immer nur an einer Berufsgruppe alleine hängt, und hin zu einer Teamversorgung. Das heißt, dass der Hausarzt gemeinsam mit dem Rettungsdienst, den Krankenhausärzten und den Pflegekräften innerhalb der entsprechenden Einrichtungen besser zusammenarbeitet. Wir haben derzeit das Problem, dass ein Patient – mal provokativ gesagt – sich verloren zwischen den Sektoren fühlt. Es kommt immer wieder vor, dass sich Pflegende, wenn eine medizinische Akutversorgung bei einem Heimbewohner nötig wird, erst mal auf die Suche machen müssen, wer gerade helfen kann. Das ist tagsüber oft beim Hausarzt der Fall, manchmal allerdings auch nicht. Wir wollen dafür sorgen, dass die Pflegenden aber stets auf eine direkte Unterstützung zugreifen können.
Vielleicht ist das genau der richtige Zeitpunkt zu erklären, was in einer solchen Not-Situation dann passieren soll…
Immer dann, wenn der Hausarzt eine kurzfristige Versorgung nicht zusichern kann, dann sind entweder wir rund um die Uhr in der Klinik verfügbar für die Pflegenden vor Ort und für die Heimbewohner. Ebenso kann auch erst mal der kassenärztliche Notdienst aus einer Notdienstpraxis eine entsprechende telemedizinische Versorgung durchführen. Denn auch die werden in der Region hier gerade entsprechend ausgestattet. Wichtig ist, dass eine entsprechende Hilfestellung schnell erfolgt. Und wichtig ist bei diesem Projekt auch noch, dass alle Beteiligten auf dieselben Informationen zurückgreifen können. Das heißt, die Hausärzte stellen zunächst alle wichtigen Informationen zum Patienten in einer zentralen Patientenakte zur Verfügung. Diese wird kombiniert mit der entsprechenden elektronischen Pflegedokumentation in den Heimen. Wichtig ist mir, zu betonen, dass die Klinikärzte nicht versuchen werden, die Patienten dem Hausarzt zu entreißen. Der Hausarzt ist und bleibt Dreh- und Angelpunkt für die Versorgung des Patienten und wird umgehend über Konsultationen, wenn sie dann ein anderer Kollege aus einer Notdienstpraxis oder dem Krankenhaus durchgeführt hat, informiert.
Ein Ziel des Projekts ist es, inadäquate Klinikeinweisungen zu vermeiden. Doch wer entscheidet letztlich darüber, wann eine solche inadäquat ist?
Also, diejenigen, die das entscheiden, sind die im Projekt beschriebenen Player: entweder der Hausarzt, der kassenärztliche Notdienst oder das Team in der Notaufnahme in der Uniklinik. Um Klinikeinweisungen zu vermeiden, kommt noch ein weiteres Kompartiment des Forschungsprojektes hinzu: Wir werden entlastende Versorgungsassistenten, also ausgebildete Pflegekräfte oder MFA, in die teilnehmenden Pflegeheime entsenden zur Durchführung von delegierbaren Maßnahmen, falls diese durch eine Pflegekraft im Heim gerade nicht ausgeführt werden können. Wir müssen ja auch nicht verhehlen, dass die Qualifikationen in Pflegeheimen durchaus unterschiedlich sind. So kann dann zum Beispiel ein rausgerutschter Dauerkatheter vor Ort neu gesetzt werden und der Patient muss dazu nicht mit dem Krankenwagen in das nächstgelegene Krankenhaus kommen. Und es ist auch nicht so, dass wir uns in der Klinik ins eigene Fleisch schneiden, wenn weniger zu tun ist. Die Zahl der Krankenhäuser nimmt ab und die Belegungszahlen sind nach wie vor hoch. Es fehlt in vielen Häusern an Personal. Das zeigt uns, dass wir künftig andere Versorgungsmöglichkeiten brauchen, um eine patientennahe Versorgung durchzuführen in Deutschland.
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