Quelle: inpactmedia.com – Intelligente, KI-gestützte Telemonitoring-Technologien könnten die Versorgung in Zukunft verbessern. Wie das geht, erklärt Telemedizin-Experte und ZTG GmbH-Geschäftsführer Rainer Beckers in der Sonderpublikation „GESUNDHEIT & VOLKSKRANKHEITEN“ in „DIE ZEIT“.
Arbeiten, Freunde treffen, sich fortbilden: Viele Lebensbereiche wurden in Folge der Corona-Krise digitaler. Auch die Medizin. Seit einigen Monaten erlebt die Telemedizin und allen voran die Videosprechstunde einen regelrechten Boom. Dabei wurde das ZTG Kompetenzzentrum für Telematik und Telemedizin, dessen Geschäftsführer unser Experte Rainer Beckers ist, schon vor 20 Jahren mit dem Auftrag gegründet, die Telemedizin voranzubringen.
Da drängt sich die Frage auf: Warum erst jetzt?
Beckers: Die Chancen der Telemedizin mit Anwendungen wie der Videosprechstunde oder Teletherapien wurden im Zuge der COVID-19-Pandemie von vielen Entscheidungsträgern erkannt und die Bedingungen für die Abrechnung verbessert. Andererseits braucht man die Videosprechstunde, um Infektionsrisiken in der Praxis zu minimieren und der Angst vor dem Ansteckungsrisiko bei den Patienten zu begegnen. Alles zusammen hat dazu geführt, dass wir von einer nahezu explosionsartigen Nachfrage bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sprechen können.
Welche Telemedizin-Lösungen werden jetzt zum Standard?
Die Videosprechstunde hat sich in den vergangenen Monaten dank neuer Regelungen mehr und mehr in der Regelversorgung etablieren können. Sie hat jedoch ihre Grenzen. Dann nämlich, wenn eine körperliche Befundung notwendig wird. Eine solche Befundung auf Distanz wird zunehmend realisierbar, wenn die Videosprechstunde durch Telemonitoring ergänzt wird. Über eDevices, intelligente Blutdruck- oder mobile Ultraschallgeräte, kann der Arzt die Vitaldaten seiner Patienten in Echtzeit erhalten. Ich bin der Überzeugung, dass die Videosprechstunde in Kombination mit Telemonitoring die Zukunft ist. KI-Verfahren werden dabei helfen, die Daten zielgerichtet auszuwerten.
Was bringt die nächste Zukunft?
Ein telemedizinischer Anwendungsbereich, der sich etablieren wird, ist die Teleintensivmedizin. Intensivmediziner müssen rund um die Uhr Bereitschaft zeigen. Dieses zentrale Qualitätsmerkmal der Intensivmedizin ist in der Fläche jedoch oft nicht umsetzbar. Hier kann die Telemedizin einen wertvollen Beitrag leisten.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das nun startende EU-Projekt „ICU4Covid“, dass sich ganz gezielt an die intensivmedizinische Betreuung von COVID-19-Patienten richtet. Hierbei kommen Telemedizin, Echtzeit-Telemonitoring und intelligente Pflegeumgebungen am Krankenbett zum Einsatz. An jedem intensivmedizinisch betreuten Krankenbett in den beteiligten Krankenhäusern ist ein intelligentes Telemonitoring-System angebracht. Die Vielzahl an klinischen Daten, die dabei generiert werden, werden im Telemedizin-Cockpit zusammengeführt. Dieser wiederum ist mit anderen Cockpits in anderen Krankenhäusern vernetzt. So können Daten und Wissen ausgetauscht und die Behandlungsqualität verbessert werden. Zudem ist es möglich, mithilfe der Vielzahl an erfassten Daten und dem Einsatz von Deep-Learning-Algorithmen Prognosen darüber zu treffen, wann ein bestimmter Behandlungsschritt im Optimalfall erfolgen sollte.