Quelle: e-health-com.de – Die Inbetriebnahme der Telematikinfrastruktur (TI) im deutschen Gesundheitswesen geht Schrittchen für Schrittchen voran. Doch technisch gilt dort vieles mittlerweile als nicht mehr ganz auf der Höhe. Zeit für eine „TI 2.0“, findet die gematik und finden auch viele andere im Gesundheitswesen. Dr. Florian Hartge, COO der gematik, erläutert die in einem Whitepaper niedergelegte Vision und ihre Vorteile, deren praktische Konsequenzen und die weiteren Abstimmungsprozesse.

Bevor wir zum Konzept der TI 2.0 kommen: Wie ist der Stand bei der Anbindung der Leistungserbringer:innen an die TI 1.0?
Weil die Konnektoren nicht melden, wem sie gehören, wissen wir das nicht ganz genau. Was wir sagen können, ist, dass sich die Arztausstattung den 100 Prozent annähert. Auch die Apotheken sind nahezu vollständig mit Konnektoren versorgt. Die Krankenhäuser bewegen sich noch relativ langsam, aber auch hier erhalten wir zunehmend sehr konkrete Fragen. Das heißt, dass auch da viel passiert.

Wie sieht es bei den KIM-Diensten aus?
Drei Anbieter sind zugelassen, die jetzt im Markt und in der Kundenakquise sind, nämlich CGM, kv.digital / akquinet und T-Systems. Drei weitere befinden sich noch im Zulassungsverfahren. Die Anzahl der Nutzer:innen steigt kontinuierlich. Das hängt auch damit zusammen, dass zum Jahreswechsel der Verzeichnisdienst von Ärztekammern und KVen befüllt wurde. Da gibt es noch Nachzügler. Das sollte sich aber im Laufe des Frühjahrs erledigt haben.

Das heißt, Sie sehen gematik-seitig bei der eAU-Frist September 2021 kein Problem?

Überhaupt kein Problem.

Gibt es schon Zahlen zur Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA)?
Stand Ende Februar sind wir bei annähernd 90 000 Versicherten im System. Bei den Ärzt:innen laufen die Feldtests, da ist die Prozessabdeckung in den Arztpraxen das zentrale Thema. Das betrifft vor allem die Ad-hoc-Prozesse, die insbesondere für jene Versicherten vorgesehen sind, die keine mobile App nutzen wollen. Das wollen wir in den nächsten Monaten ausweiten und im zweiten Quartal damit langsam in die Breite gehen.

So viel zur TI 1.0. Die gematik hat Ende Januar ein Whitepaper mit dem Titel „TI 2.0 – Arena für digitale Medizin“ veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Dabei geht es um die mittelfristige technologische Weiterentwicklung der TI. Wie kam es zu diesem Papier?
Wir haben gemerkt, dass im Zuge der E-Health-Begeisterung der letzten zwei, drei Jahre zunehmend Erwartungshaltungen und Anforderungen formuliert wurden, die die Telematikinfrastruktur in ihrer derzeitigen Form nur begrenzt erfüllen kann. Dabei geht es um die Anbindung zusätzlicher, oft sehr mobiler Gesundheitsberufe, aber auch um Themen wie ein flexibles, unkompliziert nutzbares Identity-Management. Es macht wenig Sinn, wenn jeder einzelne App- oder Medizin-Service sein eigenes Identity-Management aufbauen oder überlegen muss, wie ein sicherer Kanal zu den Ärzt:innen hergestellt werden kann. Für solche Basisfunktionen gibt es einen hohen Bedarf, aber die TI 1.0 ist nicht dafür gemacht, so etwas zu skalieren. Sie wurde vor 15 Jahren mit dem Ziel entworfen, 150 000 Professionals zu vernetzen und eine Handvoll gesetzlicher Anwendungen zu erfüllen. Das kann sie, aber die Erwartungshaltungen heute gehen weit darüber hinaus. Über diese Entwicklungen haben wir in der gematik nachgedacht, unsere Gesellschafter befragt, haben mit Ärzt:innen, Krankenhausvertreter:innen, DiGA-Herstellern und anderen Dienste-Anbietern gesprochen und daraus ein Konzept für eine „neue“ Telematikinfrastruktur entwickelt. Unser Ziel ist explizit, in eine Diskussion zu starten, am besten mit der ganzen Gesellschaft. So verstehen wir auch unsere Rolle als Digital Health Agency. Wir wollen nicht mehr im kleinen Kreis Spezifikation ausbaldowern und dann sagen: So muss es werden. Das Whitepaper ist unser Diskussionsimpuls. Wir fragen die breite Öffentlichkeit und die Fachöffentlichkeit: Ist das der richtige Weg?

Lesen Sie hier mehr.