Hagen/Düsseldorf, 02. Oktober 2023 – Reale Patientenreisen und -geschichten standen beim diesjährigen „eHealth.NRW“-Kongress am 27. September 2023 im Fokus des Programms. Den Kongress organisierte die ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH in Kooperation mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Unter dem Motto „Mit digitaler Medizin zur Gesundheitsregion der Zukunft“ diskutierten Expertinnen und Experten, Interessierte und Entscheidungsträger aus dem Gesundheitswesen über digitale Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen. Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, eröffnete den Kongress und besuchte die begleitende Ausstellung „Patientengeschichten“, in der Behandelnde sowie Patientinnen und Patienten von ihren Erfahrungen mit Telemedizin berichteten.

„In Nordrhein-Westfalen arbeiten wir intensiv daran, dass die Digitalisierung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger auch im Gesundheitswesen weiter voranschreitet. Die digitale Vernetzung ist ein wichtiger Baustein, um auch zukünftig eine optimale gesundheitliche Versorgung in unserem Land zu gewährleisten“, erklärte Minister Laumann zum Auftakt der Veranstaltung. „Ich habe heute persönlich mit einigen Patientinnen und Patienten auf dem Kongress gesprochen. Sie alle berichteten uns eindrucksvoll, wie ihnen der Einsatz von Telemedizin bei der Behandlung geholfen hat. Nutzen wir das breitgefächerte Know-How aus Nordrhein-Westfalen, um die Digitalisierung in unserem Land voran- und vor allem zu den Menschen zu bringen.“

 

Gesundheitsregion der Zukunft: Wie genau?

 

Mit dieser Frage ging es in die erste Diskussionsrunde. Videosprechstunde, elektronische Patientenakte, e-Rezept, Wearables, digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)– eine große Palette digitaler Anwendungen mit Chancen für die Versorgung. Telemedizin sei omnipräsent und ubiquitär, erklärte Christian Wehner, Bereichsleiter Gesundheitsmanagement, AOK Rheinland/Hamburg. Digitale Elemente seien mittlerweile in einer Vielzahl der Projekte integriert, die die AOK begleite. „Nur wenn es uns gelingt, digitale Angebote wie Telemedizin in physische Versorgungsprozesse und -strukturen zu integrieren, können wir dadurch vernetzte Gesundheitsregionen schaffen, die für die Bevölkerung eine qualitativ gute Versorgung und den Zugang hierfür sicherstellen,“ so Wehner.

Kein Ersatz, aber eine sinnvolle Ergänzung: Bei der regionalen Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung nehme die digitale Medizin eine zunehmend wichtige Rolle ein. Wichtig sei es, Telemedizin und die direkte persönliche Medizin miteinander zu verknüpfen – über die Sektorengrenzen hinweg. Und genau dafür brauche es Gesundheitsregionen, so das einstimmige Plädoyer der Diskutantinnen und Diskutanten. Allerdings dürfe man nicht allein räumlich denken. Stadt oder Landkreis: die Größe sei nicht entscheidend. Vielmehr brauche es Arztnetze. Die ambulanten Kolleginnen und Kollegen müssten wissen, was das Krankenhaus vorher gemacht habe und umgekehrt. „Dann bietet regionale Versorgung den Akteuren die Möglichkeit, durch gezielte Abstimmungen Versorgungspotentiale zu erschließen“, erklärte Thomas Müller, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und Mitglied im ZTG-Aufsichtsrat.

 

Telemedizin anhand realer Patientengeschichten erleben

 

Sowohl im Programm als auch in der begleitenden Ausstellung berichteten Behandelnde sowie Patientinnen und Patienten von ihren Erfahrungen mit telemedizinischen Anwendungen zu den Versorgungsbereichen Schlafapnoe, Pädiatrie, Herzinsuffizienz, Demenz und Schlaganfallprävention.

Im konkreten Fall eines Herzinsuffizienz-Patienten aus dem „HerzConnect“-Programm des Herz- und Diabeteszentrums NRW ermöglicht ein tägliches Blutdruckmonitoring eine wesentlich engmaschigere Therapiesteuerung – die Pumpfunktion sowie die Leistungsfähigkeit des Herzens verbesserten sich und sind heute stabil. Dr. Christian Flottmann stellte die App „smartcor“ vor, die eine digitale Prävention mit moderner Smartwatch-Technologie ermöglicht. Die Angehörige eines Demenzerkrankten berichtete über das digitale H3-Training (Herz, Hand, Hirn) des Telemedizinzentrums Hamm – ein spielerisches Aktivierungsprogramm, das kognitive Stimulationstherapie mit digitalem Hirnleistungstraining verbindet. Die kognitiven Fähigkeiten ihres Mannes verbesserten sich. Auch Bernhard Acke, stellv. Leiter der Stabstelle eHealth bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und Edwin Ackermann, Kinder- und Jugendarzt beschrieben, wie der Einsatz der Videosprechstunde im kinderärztlichen Notdienst im vergangenen Winter wesentlich zur Entlastung der Praxen in der Region Nordrhein beitragen konnte. Auch ein Schlafapnoe-Patient berichtete, wie ihm mit Hilfe des Einsatzes von Telemedizin geholfen werden konnte. Gerade im Zusammenspiel einzelner digitaler Anwendungen, wie der Videosprechstunde, dem Telemonitoring oder einem Telekonsil zeigt sich der der unmittelbare Mehrwert der Digitalisierung.

Höhere Behandlungsqualität, Wissensaustausch, unmittelbare Einbindung des Patienten in den Behandlungsprozess und Zeitersparnis: ein Gewinn für alle Beteiligten.

 

Packen wir‘s an!

 

Eigentlich einfach, aber doch diskussionswürdig. All diese guten Ansätze in die Fläche zu bringen, erfordert gute Zusammenarbeit von allen Seiten – und den Willen, über Projektgrenzen hinauszudenken. Lars Ehm, Leiter der Gruppe Gesundheitsversorgung, Prävention, Digitalisierung der medizinischen Versorgung im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, gab einen Überblick über Initiativen aus Nordrhein-Westfalen. Um nur eine Auswahl zu nennen: Telenotarzt, Virtuelles Krankenhaus, das Innovationsfondsprojekt Optimal@NRW. Ehm lobte die guten Ansätze und rief dazu auf, sich für die aktuelle laufende EFRE-Förderphase zu bewerben.

Im Anschluss daran hielt Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser (Doc Esser aus dem WDR) ein brennendes Plädoyer für die elektronische Patientenakte und richtete seinen Fokus in der folgenden Diskussionsrunde neben den weiterhin bestehenden Schnittstellenproblematiken darauf, wie sich das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Digitalisierung der Versorgung stärken lässt. „Wir müssen ihnen den Nutzen von Telemedizin deutlich machen“, erklärte Barbara Steffens, Leiterin der TK-Landesvertretung Nordrhein-Westfalen. „Dann werden unsere Patientinnen und Patienten das Angebot auch wahrnehmen wollen. Und bei der Nutzung von Gesundheitsdaten müssen wir offener werden. In allen anderen Bereichen geben wir sehr freizügig unsere Daten preis. Datenschutz ist wichtig, aber viele multimorbide Patientinnen und Patienten würden sich sicher für den offeneren Datenaustausch zwischen den Behandelnden entscheiden, wenn er einen spürbaren Mehrwert für ihre Versorgung verspricht.“

Christiane Grote, Leiterin der Gruppe Gesundheit und Pflegemarkt, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., ergänzte: „Aus Sicht des Verbraucherschutzes kann die Digitalisierung von Gesundheit und Pflege die medizinische Versorgung verbessern. Dafür braucht es nutzerfreundliche Strukturen und sicheren Datenaustausch. Und natürlich müssen Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten mit den telemedizinischen Devices umgehen können.“

Vertrauen, Aufklärung, Digitalkompetenz und Transparenz – wichtige Erfolgsfaktoren für die Digitalisierung. Darüber hinaus sei Interoperabilität in Deutschland immer noch ein großes Problem, beklagten die Diskutantinnen und Diskutanten. Systeme müssen ineinandergreifen. Neben den vielen schon angesprochenen Punkten, sei dies ein entscheidender Schritt, um Digitalisierung voranzutreiben. „Es ist definitiv noch viel zu tun,“ betonte ZTG-Geschäftsführer Rainer Beckers zum Ende des Kongresses. „Alle Akteure aus dem Gesundheitswesen können sich an diesem Prozess beteiligen, damit wir zueinanderfinden und die Perspektiven verstehen. Mit eHealth.NRW bieten wir eine Einladung zum Austausch, was in diesem Jahr wieder sehr gut angenommen wurde.“

Sie möchten den Kongress selbst sehen? Schauen Sie auf unserem YouTube-Kanal vorbei!

Bild: @ZTG / Artvertise